US-Präsident Donald Trump hat nach dem Bekanntwerden kritischer Einschätzungen des britischen Botschafters in den USA heftige Attacken gegen Premierministerin Theresa May gefahren. Die scheidende Regierungschefin und ihre Mitarbeiter hätten beim Brexit “Chaos” angerichtet, schrieb Trump am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter. “Ich habe ihr gesagt, wie es getan werden sollte, aber sie hat sich entschieden, einen anderen Weg einzuschlagen.”
Die “gute Nachricht für das wunderbare Vereinigte Königreich” sei, dass das Land “bald einen neuen Premierminister” haben werde, schrieb Trump weiter. Mit Blick auf den britischen Botschafter Kim Darroch schrieb der US-Präsident, der Diplomat sei in den USA “nicht beliebt” und genieße kein Ansehen. Seine Regierung werde keinen Kontakt mehr mit Darroch unterhalten.
I have been very critical about the way the U.K. and Prime Minister Theresa May handled Brexit. What a mess she and her representatives have created. I told her how it should be done, but she decided to go another way. I do not know the Ambassador, but he is not liked or well….
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) July 8, 2019
Hintergrund von Trumps Twitter-Tirade ist das Bekanntwerden kritischer Memos des britischen Botschafters. In von der britischen Zeitung “Mail on Sunday” abgedruckten geheimen Briefings soll Darroch Trumps Regierung als “einzigartig dysfunktional” bezeichnet haben. Der US-Präsident wird dem Bericht zufolge als “unsicher” und “inkompetent” beschrieben. Trump ist offenbar erbost darüber, dass die britische Regierung sich hinter Darroch gestellt hat, auch wenn sie sich inhaltlich von der Einschätzung des Botschafters distanziert hat.
May sprach Darroch ihre Unterstützung aus
Theresa May bekräftigte nach den Tweets des US-Präsidenten am Montagabend ihre Unterstützung für den Spitzendiplomaten: “Sir Kim Darroch hat weiterhin die volle Unterstützung der Premierministerin”, sagte ein Regierungssprecher in London. Das britische Außenministerium suche nach den Verursachern des Lecks. “Natürlich wird es ernste Konsequenzen geben, falls und sobald wir herausfinden, wer verantwortlich ist”, sagte der britische Außenminister Jeremy Hunt am Montag.

Hunt distanzierte sich von Darrochs Einschätzung, es handle sich um “persönliche Meinungen”. Die US-Regierung bleibe unter Trump “höchst effektiv und der bestmögliche Freund Großbritanniens auf der internationalen Bühne”. Sein Ministerium will untersuchen, wie die Inhalte der Memos bei der Presse landen konnten. Britische Diplomaten in der ganzen Welt müssten darauf vertrauen können, “dass sie uns weiterhin ihre ehrlichen Einschätzungen geben können”.
Das Außenministerium stellte die Echtheit der Vermerke nicht infrage. Eine Sprecherin sagte, Botschafter würden dafür bezahlt, “dass sie ehrlich sind” und Minister mit einer “aufrichtigen, ungeschminkten Einschätzung der Politik in ihrem Land versorgen”. Laut der Zeitung “Daily Telegraph” sehen bis zu 100 Menschen im Außenministerium und anderen Regierungsstellen solche Vermerke. Doch nur wenige hochrangige Ministeriumsvertreter hätten Zugang zu den gesamten Unterlagen.
Farage fordert Darrochs Abberufung
Darroch gilt als einer der erfahrensten britischen Diplomaten. Seine Amtszeit läuft noch bis Ende des Jahres. Dann ist es am neuen Premierminister, einen britischen Botschafter für die USA zu ernennen. Neben Ex-Außenminister und Brexit-Hardliner Boris Johnson ist auch Hunt noch im Rennen um Mays Nachfolge an der Partei- und Regierungsspitze.
Der Vorsitzende der Brexit-Partei, Nigel Farage, forderte im Kurzbotschaftendienst Twitter Darrochs Abberufung. Im Gespräch mit dem Radiosender BBC relativierte Farage Spekulationen, er strebe dessen Nachfolge an. “Ich bin kein Diplomat und darüber herrscht Einigkeit, glaube ich”, sagte Farage. Allerdings könne er sehr nützlich dabei sein, Beziehungen zu pflegen “mit einer Regierung, in der Freunde von mir sitzen”.