Viele Demonstranten versammelten sich am Bahnhof von Yuen Long im Nordwesten Hongkongs und in den umliegenden Straßen. Geschäfte waren verrammelt. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Sie hielt sich zunächst zurück. Nach rund zweieinhalb Stunden begann die Polizei, wiederholt Tränengas gegen die Menge einzusetzen. Einige Demonstranten warfen Gegenstände auf die Einsatzkräfte und beschädigten einen Polizeiwagen.
Nach Angaben des ARD-Korrespondenten Steffen Wurzel versuchten die Einsatzkräfte, die Proteste aufzulösen.
🇭🇰 #HongKong: Die Polizei beginnt, die verbotene Anti-Regierungsdemo in #YuenLong aufzulösen. Einige Demonstranten haben aber offensichtlich nicht vor, die Straßen so schnell freizugeben. pic.twitter.com/Z3URJiKbFA
— Steffen Wurzel 🇪🇺 (@SteffenWurzel) July 27, 2019
Bei Protesten am vergangenen Wochenende hatten mutmaßliche Mitglieder mafiaähnlicher Gruppen, den sogenannten Triaden, in Yuen Long regierungskritische Demonstranten attackiert. Dabei wurden mindestens 45 Menschen verletzt. Der Hongkonger Polizei wurde vorgeworfen, nicht schnell genug eingegriffen zu haben.
Die Kundgebung an diesem Samstag gegen die Triaden hatte die Polizei verboten. Sie begründete das Verbot mit möglichen Vergeltungsangriffen auf Bewohner von Yuen Long. In Online-Netzwerken wurde aber dazu aufgerufen, trotzdem auf die Straße zu gehen. Einige Aktivisten schlugen vor, in Yuen Long einen “Einkaufsbummel” zu machen. Andere forderten Spieler des beliebten Smartphone-Suchspiels Pokémon Go auf, sich scharenweise vor Ort zu treffen.
Anders als bei früheren Protestkundgebungen hatten nur wenige Teilnehmer Schilder oder Transparente dabei. Viele waren wieder in Schwarz gekleidet, trugen Gesichtsmasken, Schutzbrillen oder Helme und brachten Regenschirme mit. Diese Aufmachung hilft den Demonstranten einerseits, ihre Identität vor der Polizei zu verbergen, schützt sie aber auch vor Tränengas.

Die überwiegend friedlichen Massenproteste gegen Hongkongs pekingtreue Regierung dauern bereits seit sieben Wochen an. Der Unmut der Bevölkerung hatte sich an einem inzwischen auf Eis gelegten Auslieferungsgesetz entzündet, das erstmals Überstellungen beschuldigter Personen an Festland-China ermöglicht hätte. Mittlerweile haben sich die Proteste ausgeweitet: Die Demonstranten fordern demokratische Reformen, ein allgemeines Stimmrecht und den Rücktritt von Regierungschefin Carrie Lam. Außerdem protestieren sie gegen die Polizei, die zum Teil mit Gummigeschossen, Tränengas und Knüppeln gegen Demonstranten vorgegangen war.
Drei Tage in Folge mit Aktionen
Am Freitag hatten sich Hunderte zu einer Protestaktion am Hongkonger Flughafen versammelt, um insbesondere Besucher vom chinesischen Festland über die regierungskritischen Proteste in der Sonderverwaltungszone zu informieren.
Eine weitere Kundgebung ist für Sonntag geplant. Sie soll in der Nähe der chinesischen Vertretung enden. Diese war bei jüngsten Protesten mit Eiern beworfen und mit Graffitis besprüht worden. China kritisierte den Vorfall scharf.
Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China als eigenes Territorium autonom regiert. Viele der sieben Millionen Hongkonger befürchten zunehmend, dass ihre Freiheiten beschnitten werden könnten.