Frankfurt Eigentlich hat es ihm kaum noch einer zugetraut, doch kurz vor Ende des Jahres hat es Donald Trump all seinen Kritikern doch noch gezeigt: Mit der Hilfe der Republikaner im Kongress hat er die größte Steuerreform seit Ronald Reagan beschlossen. Die Amerikaner und vor allem ihre Konzerne sollen davon profitieren. Dass Kritiker befürchten, dass sich in den kommenden zehn Jahren ein (zusätzliches) Haushaltsloch von 1,5 Billionen Dollar auftut und vom wohl größten Umverteilungsprogramm von unten nach oben sprechen – geschenkt. Donald Trump feierte sein vorgezogenes, „großartiges Weihnachtsgeschenk“.
Beim Dollar hat das keine Jubelstürme ausbrechen lassen. Nur kurz hat er sich um einen Cent auf 1,17 Dollar je Euro verbessert – das war’s dann aber auch schon. Am Devisenmarkt hätte diese Nachricht eigentlich gefeiert werden können. Schließlich war es nicht zuletzt die Aussicht auf die Steuerreform, die Analysten von Morgan Stanley bis Deutsche Bank zu euphorischen Dollar-Prognosen getrieben hatte. Ging es nach einigen von ihnen, hätte ein Euro heute weniger als einen Dollar wert sein sollen. Es kam anders als gedacht, ganz anders. Plötzlich ist der Euro die starke Währung des Paares. Seit dem Jahresbeginn hat er rund 13 Prozent zugelegt. Und der Aufwärtstrend soll sich im kommenden Jahr fortsetzen.
Was den Euro bewegte, war einerseits die Schwäche des Dollars – nach Trumps anfänglichen Schwierigkeiten, Gesetzesvorhaben durchzusetzen, Stichwort Obamacare. Außerdem haben sich viele Euro-Sorgen gelegt: Weder bei den Wahlen in den Niederlanden noch in Frankreich kamen Populisten an die Macht. Es wird wieder stärker über eine tiefere europäische Zusammenarbeit gesprochen. Nicht zu vergessen ist das überraschend starke Wirtschaftswachstum in Europa: „Die sehr positive wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone ist zweifelsohne eine der größten Überraschungen“, kommentiert Sonja Marten von der DZ Bank. Statt eines erwarteten Plus’ von 1,4 Prozent stehen Ende 2017 wohl 2,3 Prozent Wachstum. Auch der Ausblick bleibt gut.
Hinzu kommt: Die Europäische Zentralbank reduziert ihre Anleihekäufe ab Januar 2018 um die Hälfte auf 30 Milliarden Euro monatlich. Die meisten Devisenstrategen halten das erst für den Anfang vom Ende der ultralockeren Geldpolitik – und erhoffen sich mehr. Schon bis Ende kommenden Jahres könnte die EZB ihre Anleihekäufe auf null herunterfahren, vermuten die DZ Bank und die niederländische ING. Zinserhöhungen vor dem Frühling 2019 seien aber „unwahrscheinlich“, meint Marten.
Fazit: Nicht auszuschließen, dass zu Beginn des Jahres der Dollar aufgrund hoher Erwartungen an die Steuerreform etwas aufwertet. Auch die Wahlen in Italien im Frühjahr könnten den Euro belasten. Aufseiten der Notenbanken erwarten die Analysten aber bei der EZB das größere Überraschungspotenzial – im Euro stärkenden Sinne. Bis Jahresende rechnen die Analysten mit einer anhaltenden Euro-Stärke und im Mittel mit einem Kurs von 1,21 Dollar je Euro. Ende 2019 könnte ein Euro laut Morgan Stanley sogar 1,33 Dollar wert sein.