Waldbesitzer und Umweltschützer sprechen von einer “Jahrhundertkatastrophe”, von einer Existenzgefährdung “ungeahnten Ausmaßes”. In den vergangenen Jahren sind bereits Zehntausende Hektar Wald abgestorben – weshalb Umweltministerin Julia Klöckner für September einen Krisengipfel einberuft. An diesem Donnerstag berät sie sich am Nachmittag schon einmal mit den Forstministern der Union. Doch wie besorgniserregend ist die Situation? Die wichtigsten Fragen und Antworten hier.
Wie schlimm ist die Lage?
“Unser Wald ist in Gefahr aktuell”, sagt Klöckner bei n-tv. Gegen Sturmschäden, Dürrekatastrophen und Borkenkäfer sei selbst der resistenteste Wald nicht gewachsen. Laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald sind bereits 120.000 Hektar Wald tot – von 11,4 Millionen Hektar Wald in ganz Deutschland. Für die Klimabilanz ist dies eine Katastrophe: Schließlich schluckt der Wald jährlich rund 58 Millionen Tonnen CO2. Das sind 6 Prozent der deutschen Emissionen.
Das Sterben trifft dabei Waldbestände bundesweit und es trifft alle wichtigen Baumarten: Kiefern, Buchen, Eichen, Fichten. Wie die Waldzustandsberichte zeigen, nehmen auch die Kronenschäden deutlich zu. Bei Eichen und Buchen liegen diese bei rund 40 Prozent; im Durchschnitt aller Arten hat jeder dritte Baum Probleme.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland spricht bereits von einem “Waldsterben 2.0”. Beim ersten Waldsterben in den 1980er-Jahren hatte vor allem der saure Regen den Wäldern massiv zugesetzt. Dank einer konzertierten Aktion – mit dem Nachrüstungen älterer Fabriken, einer Katalysatorpflicht und großflächigem Verstreuen von Kalk auf die Waldböden – besserte sich allerdings damals die Lage wieder.
Warum ist das Waldsterben diesmal so heftig?
Ein Großteil der Bäume leidet noch immer unter Stickoxiden in der Luft. Besonders wegen des Autoverkehrs nahmen diese in den vergangenen Jahren zu. Viele Probleme rühren allerdings von der extremen Dürre her. Der Bund Deutscher Forstleute spricht gar von einer “Klimakatastrophe”, die insgesamt den Waldbestand gefährdet. Im vergangenen und in diesem Sommer fehlten durchschnittlich mehr als 200 Liter Regen pro Quadratmeter im Jahr. Vor allem im Osten vertrocknen die Wälder und sind extrem anfällig für Brände. 2018 brannten rund 2350 Hektar, es war die größte Fläche seit 26 Jahren.
Allein beim Brand im brandenburgischen Jüterbog standen in der vergangenen Woche 100 Hektar in Flammen. Kommen dann noch schwere Stürme oder starke Schneemengen hinzu, wie in diesem Winter etwa im Allgäu, sind die ausgetrockneten Bäume deutlich anfälliger für Schäden, werden entwurzelt oder brechen.
Die Trockenheit führt aber noch zu anderen Problemen: Für die Bäume bedeutet die Dürre Stress und macht sie anfällig für Schädlinge und Pilze. Besonders der Borkenkäfer, der sich unter der Rinde entwickelt und Gänge in die Bäume frisst, ist für Fichten inzwischen ein gravierendes Problem. Wegen der Dürre können diese weniger Harz produzieren, das normalerweise die Käfer abwehrt. Allein in Sachsen gab es laut dem Umweltministerium die größte Massenvermehrung von Borkenkäfern seit dem Zweiten Weltkrieg. In Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg sind die Fichtengebiete ebenfalls stark betroffen.