Im Norden Syriens steigt das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen den Nato-Partnern Türkei und USA. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat mit der Ausweitung seines Militäreinsatzes in Syrien gedroht. Er wolle die von den USA unterstützte syrische Kurdenmiliz YPG großflächig bekämpfen – angefangen in der nordsyrischen Region Manbidsch.
Dort haben die US-Amerikaner Militärpersonal stationiert – anders als im weiter westlich gelegenen Afrin, wo seit mehreren Tagen ein türkischer Luft- und Bodeneinsatz gegen die YPG läuft. Ein Sprecher der von den USA angeführten internationalen Militärallianz zur Bekämpfung der radikalislamischen Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) sagte: “Die Koalitionskräfte sind in dem Gebiet (um Manbidsch) und sie haben das inhärente Recht, sich selbst zu verteidigen. Wenn nötig, werden sie das tun.”
In dem türkischen Grenzort Kilis schlugen unterdessen nach Angaben lokaler Behörden zwei Raketen ein, die von Afrin aus abgefeuert worden seien. Eine Person ist dabei ums Leben gekommen, gut ein Dutzend Menschen ist verletzt worden, einige davon in einer Moschee, die getroffen worden ist. Seit dem Beginn des türkischen Militäreinsatzes schlagen immer wieder Raketen im türkischen Grenzgebiet ein.
Die syrischen Kurden haben seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs drei autonome Bezirke geschaffen, darunter Afrin an der Grenze zur Türkei. Mit ihrer “Ölzweig”-Offensive in Afrin hat die Türkei eine neue Front im syrischen Bürgerkrieg eröffnet. Manbidsch gehört zu einem größeren Gebiet, das von den ebenfalls US-unterstützten Syrischen Demokratischen Streitkräften (SDF) kontrolliert wird. Dort wollen die USA für Stabilität und Wiederaufbau sorgen.
Die Türkei werde “die Spielchen an ihrer Grenze durchkreuzen”, sagte Erdogan: “Diese Operation wird so lange weitergehen, bis das letzte Mitglied der Terrororganisation neutralisiert ist.”
Ein Sprecher des Militärrats von Manbidsch sagte, seine von den USA unterstützte Gruppe habe Truppen an die Front verlegt, um auf einen potenziellen Angriff der Türkei oder ihrer Verbündeter reagieren zu können. “Natürlich setzen wir unsere Koordination mit der internationalen Koalition mit Blick auf den Schutz Manbidschs fort”, sagte er weiter. Die Allianz führe bereits verstärkt Patrouillen durch. Das wies Koalitionssprecher Ryan Dillon zurück. Allerdings sei man durch “das was passiert, alarmiert”.
Bei dem Einsatz in Afrin wurden nach türkischen Angaben mindestens 260 YPG- sowie IS-Kämpfer getötet. Der führende SDF-Vertreter Redur Xelil bezeichnete dies als Lüge. Die ganze Welt wisse, dass der IS nicht in Afrin präsent sei. Die von der Türkei genannte Zahl der getöteten SDF- und YPG-Kämpfer sei maßlos übertrieben. Laut Erdogan sind auch wenige türkische Soldaten ums Leben gekommen.
Weil die Türkei unterdessen deutsche Panzer in ihrer Offensive einsetzt, ist in Deutschland eine Debatte über Rüstungsexporte entbrannt. Die Bundesregierung verteidigte die Rüstungslieferungen an den Nato-Partner. Das Verteidigungsministerium erklärte, die Verwendung von Leopard-2-Panzern in der Türkei sei nur an die Bedingung geknüpft, dass diese nicht ohne Absprache an Drittländer abgegeben werden dürften.