„Zu Asche, zu Staub, dem Licht beraubt”, singt eine raue Stimme im Soundtrack der neuen Erfolgsserie „Babylon Berlin”. Am Sonntag wird die deutsche Geschichte um Kommissar Gereon Rath, der im Berlin der Goldenen Zwanziger ermittelt, zum ersten Mal im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein – um 20 Uhr 15, zu der Zeit, an der normalerweise der Tatort läuft.
Liebe Tatort-Fans, “zu Asche, zu Staub”, aber nicht eures Lichtes beraubt – keine Angst, die Serie läuft nur einmalig auf der Sendezeit des Tatorts. Danach bekommt „Babylon Berlin” einen festen Sendeplatz am Donnerstagabend um 20 Uhr 15.
Mit 40 Millionen war die Produktion von Regisseur Tom Tykwer ziemlich teuer – verspricht aber auch Spannung, Spektakel, Intrigen und Gelüste. Und während der Tatort meist aktuelle Themen aufgreift, können bei „Babylon Berlin” vor allem Geschichtsliebhaber auf ihre Kosten kommen.
Letztes Jahr lief die Serie bereits auf dem Bezahlsender Sky. Von der Kritik hochgelobt, vielfach preisgekrönt und international erfolgreich – besser hätten es sich die Produzenten wohl kaum vorstellen können. Jetzt läuft sie auch im “Free-TV”. Wir stellen sie vor:
1. Die Macher von “Babylon Berlin”

Das Drehbuch des Mammut-Projekts wurde vom Trio Tom Tykwer („Das Parfum”), Achim von Borries („4 Tage im Mai”) und Henk Handloegten („Tatort/Polizeiruf 110”) geschrieben. Die drei wollten unbedingt eine Geschichte über die Goldenen Zwanziger Jahre in Berlin schreiben, ihnen fehlte jedoch eine handfeste Story.
Bis sie auf die Novelle von Volker Kutscher, „Der nasse Fisch”, stießen, in der der Kölner Kommissar Gereon Rath im Berlin der Zwanziger Jahre in einem Fall ermittelt, der viel Erzählstoff für das Drehbuch anbot. Um sich in die damalige Zeit hineinzuversetzen, habe das Team sehr viel lesen und recherchieren müssen, sagt von Borries in einem Interview mit einem Film-Festival.
Die Idee einer Zwanziger-Jahre-Serie hätten alle drei völlig unabhängig voneinander gehabt, so von Borries. Tom Tykwer kaufte schließlich mit seiner Firma „X Filme Creative Pool” die Filmrechte der Novelle und die Arbeit konnte losgehen. Zu dritt zu schreiben sei für alle drei eine tolle Erfahrung gewesen, weil man beim Schreibens stets „eine kleine Zuhörerschaft” vor sich hatte, berichtet Handloegten. Das sei sehr hilfreich gewesen.
2. Die Produktion von “Babylon Berlin”

Aus den 25 Preisen, die die Serie bereits abgeräumt hat, ist einer besonders hervorzuheben – Beste Kamera beim Deutschen Fernsehpreis für Frank Griebe, Bernd Fischer und Philipp Haberlandt. Die Bilder wirken auf den Zuschauer ohnehin schon mit rußig, warmen Farbtönen und gut gelungenen Animationen von altpreußischen Bauten ein.
Aber vor allem kauft man der Serie ab, dass sie 40 Millionen Euro gekostet hat. Eine Tatort-Folge kostet im Schnitt 1,27 Millionen Euro, eine Folge Babylon Berlin rund 2,5. Und das merkt man auch. Wenig bis kaum Fehler im Schnitt. Bildausschnitte, die das Berlin der Zwanziger Jahre in Szene setzen – und kaum filmische Fehler.
Eine dritte Staffel ist bereits geplant. Drehbeginn sei laut offiziellen Angaben „im Herbst”.
3. Die Handlung von “Babylon Berlin”

Die Serie spielt im Berlin der Zwanziger Jahre, den Zwischenkriegsjahren, in der Weimarer Republik. Der Protagonist ist der Kommissar Gereon Rath, der von Köln nach Berlin kommt, um im Rahmen eines Erpressungsfalls zu ermitteln.
Im Berliner Präsidium lernt er Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) kennen und beginnt zusammen mit dem Berliner Kollegen Bruno Wolter (Peter Kurth) seine Ermittlungen, wobei er mit Drogen, Politik, Mord und Extremismus in Berührung kommt. Einer der Schauplätze ist das Moka Efti, ein großer Nachtclub in Berlin.
Mit der Zeit gerät Rath aber immer wieder an Indizien, die auf eine große Verschwörung hinweisen, bei der nahezu alle Instanzen der Regierung und Behörden beteiligt scheinen. Denn einige Herren aus der Kaiserzeit planten noch vor Hitler den Wiederaufbau der Deutschen Wehrmacht – dies ist kein Spoiler, sondern ein historischer Fakt.
4. Die Goldenen Zwanziger als Vorlage von “Babylon Berlin”

Der Krieg ist vorbei, Verluste sind zu spüren, die Wirtschaft erholt sich und Fast-Swing ist auch in Deutschland angekommen. Den Hintern raus, die Brust raus, X-Bein-Tanz und ganz viel Champagner. So muss das wohl damals gewesen sein, erzählen unzählige Bücher, Filme und seit neuestem auch diese Serie. Der Glamour der damaligen Zeit, für den symbolisch das Moka Efti steht, in das die Polizeigehilfin Charlotte Ritter gerne mal zum Tanzen hingeht, wird in Babylon Berlin vermittelt.
Doch wo viel Licht, da auch viel Schatten. Neben den goldenen Partynächten gab es auch verruchte Nacktrevuen oder brutale Straßenschießereien – auch sie werden bei Babylon Berlin nicht ausgespart. Und dann ist da nicht zuletzt der Komplott, auf den Rath im Laufe der Serie stößt – viele Tote, viel diabolisches Denken.
Was in den Jahren um die Weltwirtschaftskrise 1929, den Aufständen der linken Bewegung sowie den Aufbau der NSDAP durch Adolf Hitler alles geschah, muss detailreich erzählt werden. In dieser Serie können auch Historik-Muffel viel lernen, denn die erzählten Geschichten sind keineswegs nur erfunden worden.
5. Hitler? Nein Danke!

Deutsche Produktionen, die etwas Bedeutsames aus der Historie ihres Landes nachspielen wollen, drehen sich oft um den zweiten Weltkrieg, Adolf Hitler, die DDR oder den Mauerfall.
Anders bei Babylon Berlin: Hier fällt kein einziges Mal der Name “Hitler”.
Darauf haben Tykwer, Handloegten und von Borries laut eigener Aussage penibel geachtet. Sie wollten nicht ins Genre über Hitler und den Zweiten Weltkrieg rutschen. Babylon Berlin spielt im Jahr 1929, Hitler schickte Goebbels schon 1926 nach Berlin, um einen Gauleiter zu schaffen. Dennoch kommen die NSDAP-Trupps erst gen Ende der zweiten Staffel vor.
6. Dit is Berlin!

Immer wieder kommt die Hauptstadt zum Vorschein. Ob im legendären Tanzklub „Moka Efti”, an der Ecke Friedrichstr./Leipziger Straße in Mitte, wo heute die Bahnhaltestelle „Stadtmitte” steht, oder auf dem Alexanderplatz, der schon damals für viele Berliner ein Treffpunkt war. Am 18. Juni 2016 wurde der Platz den ganzen Tag für die Öffentlichkeit gesperrt und mit Komparsen im Stil der Zwanziger Jahre gefüllt. Die BVG stellte dem Filmteam sogar eine historische Straßenbahn zur Verfügung.
Gleich ums Eck war der Arbeitsplatz von Kommissar Gereon Rath. Beim Dreh wurde er nämlich in das Rote Rathaus verlegt. Tatsächlich befand sich das Präsidium aber auf dem Areal des heutigen „Alexa“-Kaufhauses. Das begehrteste Kaufhaus der Zwanziger war das Karstadt am Hermannplatz. Beim heutigen Anblick kaum zu glauben, doch hier befanden sich eine Badeanstalt, Massageräume, Frisiersalons, eine Sporthalle, ein Kinderspielplatz und Gaststätten. Die Hauptattraktion war aber ein 4000 Quadratmeter großer Dachgarten.
7. “Babylon Berlin” in Zahlen

Die Serie läuft nur diese Woche anstelle des Tatorts. Ab nächster Woche wird zur Hauptzeit am Sonntag wieder wie gewohnt ein Fadenkreuz zu sehen und der kultige Sampler zu hören sein. „Babylon Berlin” bekommt den festen Sendeplatz am Donnerstagabend um 20 Uhr 15. Dann heißt es wieder: „Zu Asche, zu Staub, dem Licht beraubt.”